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Außerkörperliche Erfahrungen

Eine außerkörperliche Erfahrung (AKE) besteht dann, wenn eine Person das Gefühl hat, sie beobachte ihre Umwelt von einer Position außerhalb oder oberhalb des Körpers aus. Gewöhnlich ereignet sich eine AKE während einer Krankheit oder körperlichen Unbeweglichkeit wie während des Komas, manchmal aber auch in tiefer Entspannung. EEG-Messungen zeigen, dass die AKE einige Merkmale des Traumes aufweist, jedoch keine schnellen Augenbewegungen wie in der REM-Traumphase (→ Traum). Außerdem können in einer AKE Dinge willentlich getan werden, z.B. auf Wunsch den Ort zu wechseln. Ein weiteres Kennzeichen ist die Wahrnehmungsqualität, die im außerkörperlich Reisenden so klar und scharf umrissen ist, als befinde er sich im normalen Wachzustand.

Der Jungsche Analytiker Arnold Mindell schreibt in seinem Buch „Schlüssel zum Erwachen“ über seine Arbeit mit Koma-Patienten. Er versteht Koma als inneren Prozess, der eine Selbsterkenntnis zu vertiefen versucht, als Traum, der den Körper ergriffen hat

„Vielleicht ist das Koma gar nicht dieses ‚tiefe Loch im Leben’, wie die meisten Ärzte meinen. Das Koma und all die körperlichen Symptome, alle schrecklichen pathologischen Dinge, die uns zustoßen, können Tore sein. Je schlimmer das Symptom, umso kraftvoller die Erleuchtung. Solche Fälle haben mich auf die Idee gebracht, dass das Bewusstsein auch außerhalb des physischen Körpers lokalisiert werden kann.“ (Arnold Mindell)

Echte außerkörperliche Erfahrungen sind reale Erfahrungen, die weit lebhafter und intensiver sein können als Erfahrungen in der Körperwelt. Einer der bekanntesten Forscher auf diesem Gebiet ist Robert Monroe. Er behauptet, viele hundert AKEs erlebt zu haben. Er machte auch Blindversuche, indem er zu Menschen „reiste“, deren Konversationen mit anhörte oder deren Tätigkeit beobachtete, was später angeblich verifiziert werden konnte. Er spricht inzwischen von mehreren „Schichten“ der außerkörperlichen Welt, die er jeweils als „Locale“ (Ort) bezeichnet. Einer dieser Orte (Locale II) wird von entkörperten Wesen und Gedankenformen der Lebenden bevölkert (→ Astralkörper), ungefähr vergleichbar mit einer Art Traum- und Fantasiedimension ohne Zeitbegrenzungen. „Locale II ist die natürliche Umgebung des zweiten Körpers“ schreibt Monroe.

Es gibt unterschiedliche Erklärungen für außerkörperliche Erfahrungen. Einige Forscher halten diese Zustände für → Halluzinationen, Projektionen einer mentalen Welt. Dr. Jan Ehrenwald sagt, dass die AKE „eine Halluzination ist, in der der Erfahrende sich selbst Unsterblichkeit beweist“. Auch wenn die Halluzinationshypothese in vielen Fällen zutreffen mag – denn wie im Traum können sich Gedächtnisspuren mit tatsächlichen und eingebildeten Ereignissen vermischen –, widerspricht ihr der Umstand, dass im Gegensatz zu Halluzinationen, die ja nur flüchtige Erfahrungen sind, die AKE im Wesentlichen stabil und real erscheint.

Dr. Peter Bicknell von der Monash-Universität in Melbourne, Australien, sammelte über 200 Fallbeispiele und analysierte sie. Er konnte bestätigen, dass die Personen sich willentlich in ihren Zustand zu versetzen in der Lage sind und die gemeinsame Empfindung der wirklichen AKE die Bewusstheit ist, sich außerhalb des Körpers mit beinahe größter Unabhängigkeit bewegen zu können. Am meisten Beweiskraft für einen Wissenschaftler hat jedoch die „doppelte Bewusstheit“, d.h. die Menschen, die eine derartige Erfahrung machen, nehmen die Welt aus einer veränderten Position wahr. Über 81% der untersuchten Personen sahen sich so, „wie andere sie sehen könnten“, also nicht spiegelbildlich, denn in Träumen sehen wir uns wie im Spiegel. Interessant ist noch, dass in vielen Fällen die „Tunnelerfahrung“ auftritt, d.h. wie bei einer → Nahtoderfahrung oder einer schamanischen Reise (→ Schamanismus) tritt die betroffene Person wie durch einen Tunnel in eine andere Welt ein.

Möglicherweise reist jedoch ein Teil des persönlichen → Bewusstseins durch die „Welt des Bewusstseins“, ohne letztlich die Verbindung mit dem physischen Körper komplett zu verlieren. Offenbar ist es dabei wichtig, dass der → Energiekörper einigermaßen gefestigt ist. Sonst kann es leicht geschehen, dass sich ein Bewusstseinsanteil „verirrt“ und der Mensch psychisch krank wird, z.B. in eine schizophrene Phase gerät, bei der er die Realität des gewöhnlichen Wachzustandes mit der Realität seiner Bewusstseinsreise vermischt (→ Seelenreise, Seelenrückführung). Bei Schamanen kann man deutlich beobachten, dass sie im Körper präsent sind, wenn sie „reisen“, und sie auch sofort wieder im → Wachbewusstseinszustand körperlich funktionieren.

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