Latihan
Das indonesische Wort, das eine Technik des → Subud ist, kann eigentlich nicht übersetzt werden. In seiner Wurzel latih liegt die Idee von „mit etwas vertraut“ werden, sich etwas aneignen und in sich aufnehmen. Das engl. Wort training kommt seiner Bedeutung am nächsten. Die gebräuchliche Übersetzung „Übung“ ist eher irreführend, da man nichts erlernt, wie z.B. bei einer Yoga-Übung. Eine Übung ist eine absichtliche Einwirkung, während der Latihan genau entgegengesetzt wirkt. Nach der anfänglichen Absicht, den Prozess zuzulassen, geht das „Training“ ohne irgendwelche Absicht vor sich. Der Mensch gibt sich hin und öffnet sich, wird zum Medium (→ Channeling). Diese Fähigkeit muss trainiert werden. Deshalb ist der Latihan auch mit → Besessenheit in der → Trance vergleichbar.
Eine Beschreibung des Latihan (nach Bettina Bussinger 2004): Gewöhnlich begeben sich die Teilnehmer in den Raum, in dem für die Dauer der Übung auf künstliche Beleuchtung verzichtet wird, und setzen sich auf den Boden. Dann folgen einige Minuten der Stille, in denen jeder versucht, sich zu leeren, sich für den Empfang der geistigen Kraft vorzubereiten. Dies kann begleitet sein durch eine Art individuelles Gebet um das Empfangen dessen, was gerade wichtig und nötig ist, sowie um die Kraft, dies ins tägliche Leben zu integrieren. In der anschließenden Phase folgt jede Person mit geschlossenen Augen dem, was sie empfängt. Dabei ist es wichtig, sich möglichst keinem Einfluss der Außenwelt auszusetzen, auch dem Verhalten der anderen Personen im Raum sollte keine Beachtung geschenkt werden.
Dieses Empfangen kann sich äußern in (ungewollten) Bewegungen, Vibrationen, Tönen, die gesungen werden, verbalen Äußerungen (fremde Sprachen, Unverständliches, Tierlaute), Lachen, Weinen, Liegenbleiben, Umhergehen usw. – wobei das Ganze nie einen hysterischen oder tranceartigen Charakter annehmen sollte. Es kann auch zu Visionen oder auditiven Phänomenen kommen, die von den Ausübenden z.B. als Erscheinen religiöser Gestalten wie Jesus oder Maria gedeutet werden. Wenn die Zeit um ist – dies spüre man jeweils, ohne auf die Uhr zu schauen –, kommt man zum Stillstand, und die Übung ist beendet. Darauf folgt oft eine Phase des ungezwungenen Gesprächs unter den Mitgliedern.